Ein Schulplatz an der Wunschschule, das ist für viele Eltern, aber auch für viele Schülerinnen und Schüler eine grundlegende Voraussetzung zum Erfolg in der Schullaufbahn. Aus dem vielfältigen Angebot hier die „richtige“, also passende Schule auszuwählen, stellt an sich schon eine Herausforderung dar. Welches Kriterium sollte da den Ausschlag geben? Das lässt sich nicht einheitlich beantworten. Oftmals zählen für Schülerinnen und Schüler die Freundinnen und Freunde aus Kita bzw. Grundschule besonders stark. Auch wenn die soziale Integration eine gewisse Sicherheit in der Eingewöhnungsphase an der neuen Schule gibt, spielt dieses Kriterium im Auswahlverfahren tatsächlich und rechtlich betrachtet keine Rolle. Das sollten sich insbesondere die Eltern deutlich machen, wenn sie gemeinsam mit ihrem Kind eine Entscheidung für eine bestimmte Schule treffen.
Schulplatz - Gesetzliche Grundlagen für die Aufnahme
Die gesetzlichen Grundlagen für die Aufnahme in eine Schule sind in den einzelnen Landesgesetzen und Verordnungen geregelt. Die Bestimmungen sind von Bundesland zu Bundesland durchaus unterschiedlich, wobei Kernaussagen der gesetzlichen Systematik sich häufig wiederholen. In der Praxis ähneln sich die Probleme überall. Es kann sein, dass eine Aufnahmeentscheidung abgelehnt wird, weil die Mindestschülerzahl unterschritten wird. Häufig gibt es jedoch eher einen Mangel an Schulplätzen, sodass in einem Vergabeverfahren nach bestimmten Kriterien und Reihenfolgen die Schulplätze verteilt werden müssen. Diejenigen, die an ihrer Wunschschule keinen Schulplatz erhalten haben, können dagegen im Wege des Widerspruchs und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor den Verwaltungsgerichten (sog. Schulplatzklage) vorgehen. Am Beispiel der gesetzlichen Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen stelle ich Ihnen einen solchen Konfliktfall sowie den Ablauf eines behördlichen und parallel geführten gerichtlichen Verfahrens vor:
Ablehnungsbescheid der Wunschschule
Nachdem die Eltern ihr Kind zur Aufnahme an der Wunschschule angemeldet und dort auch den Anmeldeschein abgegeben haben, erhalten sie einen Brief (Ablehnungsbescheid) der Schulleitung, mit dem ihnen mitgeteilt wird, dass ihr Kind nicht an der Schule aufgenommen werden konnte. Weiter heißt es, dass angesichts der Zahl der Anmeldungen, die die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze übersteige, eine Auswahl getroffen werden musste und das Kind bei Anwendung der Auswahlkriterien nicht berücksichtigt werden können. Der Ablehnungsbescheid soll eine Rechtsbehelfsbelehrung beinhalten. Statthafter Rechtsbehelf gegen den Ablehnungsbescheid ist der Widerspruch.
Widerspruch und sogenannte Schulplatzklage
Im Wege des Widerspruchs, der fristgemäß erhoben werden muss, wird die ablehnende Entscheidung des Schulleiters /der Schulleiterin durch ihn selbst im Abhilfeverfahren und bei Nichtabhilfe durch die Widerspruchsbehörde (Schulamt oder Bezirksregierung) überprüft. Er geht ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Ablehnungsbescheid bestätigt wird, kann dagegen Klage erhoben werden. Da auf diesem Wege eine rechtzeitige Aufnahme in die Schule zu Beginn des neuen Schuljahres nicht erreicht werden kann, steht den Eltern für ihr Kind der Weg eines gerichtlichen Eilverfahrens offen, mit dem das Verwaltungshandeln überprüft und ein Anspruch auf Zuteilung eines Schulplatzes an der Wunschschule durch das Gericht bestätigt werden kann. Die Schülerin oder der Schüler muss dann jedenfalls bis zur Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule diese Schülerin bzw. diesen Schüler aufnehmen.
Akteneinsicht nehmen
Entscheidend ist, Akteneinsichtin die Dokumentation der Schule zum Auswahlverfahren zu nehmen. Erst auf dieser Grundlage kann das Aufnahmeverfahren rechtlich überprüft werden.
Das Aufnahmeverfahren richtet sich nach § 46 SchulG NW i. V. m. § 1 APO-GS NW für die Grundschule bzw. § 1 APO-SI NW und den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften. Dort werden verschiedene Kriterien genannt, die im Fall eines Anmeldeüberhangs dem Aufnahmeverfahren zugrunde gelegt werden dürfen. Die Auswahl der Kriterien erfolgt den Schulleiter nach den Gesichtspunkten der Sachgerechtigkeit.
Eine Besonderheit gilt für die Grundschulen, da jedes Kind in Nordrhein-Westfalen einen Anspruch auf Zuteilung eines Schulplatzes an der nächstgelegenen Grundschule hat.
Auswahlverfahren überprüfen
Bei der Überprüfung des Auswahlverfahrensmuss zunächst fehlerfrei die Aufnahmekapazität der Schule und sodann festgestellt werden, ob tatsächlich sämtliche vorhandene Plätze vergeben wurden. In einem nächsten Schritt werden Härtefälle geprüft. In Härtefällen sind betroffene Schülerinnen und Schüler vorrangig aufzunehmen. Darunter fallen zum Beispiel schwere familiäre Belastungen, z.B. durch den Tod eines Elternteils, eine schwere Erkrankung des Schülers oder der Schülerin, eines alleinerziehenden Elternteils oder die Behinderung eines Geschwisterkindes. Nicht als Härtefall eingeordnet werden alleinerziehende, voll berufstätige Elternteile sowie Schüler und Schülerinnen mit den Erkrankungen ADHS, LRS und Dyskalkulie.
Kriterien der Auswahl bei Anmeldeüberhang
Nach den gesetzlichen Bestimmungen können bei Anmeldeüberhang folgende Kriterien zur Auswahl herangezogen werden: Besuch eines Kindergartens oder einer Grundschule in der Nähe der Schule, Geschwisterkinder an der Schule, Wohnortnähe bzw. Schulweglänge, ausgewogenes Verhältnis von Jungen und Mädchen, ausgewogenes Verhältnis von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Muttersprache, Leistungsheterogenität und das Losverfahren.Diese Liste ist nicht abschließend, sondern kann durch sachgerechte Kriterien durch die Schulleitung erweitert werden.An Gesamtschulen müssen im Interesse einer Ausgewogenheit des Schülerpotenzials und zur Sicherung der Leistungsheterogenität Leistungsgruppen gebildet werden. Die Anwendung der sachgerecht gewählten Auswahlkriterien durch den Schulleiter ist durch die Gerichte voll überprüfbar. Insbesondere muss man hier den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz im Blick haben. Die Kriterien der Wohnortnähe bzw. Schulweglänge sind gerichtlich voll überprüfbar. Bei Zweifeln an der vorgegebenen Messung durch die Verwaltung oder Anhaltspunkten einer nur zum Schein erfolgten Ummeldung des Wohnsitzes durch den die Aufnahme zur Schule begehrende(n) Schüler/ Schülerin muss der Schulleiter / die Schulleiterin den Sachverhalt aufklären.
Es kann vorkommen, dass der Schulträger Schuleinzugsbereiche bildet. In diesem Fall sind Schülerinnen und Schüler, die ortsfremd, also außerhalb des Schuleinzugsbereichs wohnen, lediglich nachrangig zu berücksichtigen.
Doppel- bzw. Mehrfachanmeldungen von Schülerinnen und Schülern sind zulässig. Anmeldescheine, die der Schulträger zur besseren Organisation und Koordination von Anmeldungen an Eltern vergibt, schränken dieses Wahlrecht nicht ein.
Von den gesetzlichen Regelungen ausgenommen - Privatschulen
Privatschulen unterliegen nicht den gesetzlichen Regelungen der Schulgesetze und Verordnungen. Sie stellen nach eigenen Maßstäben Zugangsvoraussetzungen, die oftmals den hier dargestellten Kriterien angenähert sind. Eltern sollten sich zudem bewusst machen, dass bei Privatschulen verstärkt pädagogische Leitbilder und Methoden den Schulalltag prägen, mit denen sie vertraut und einverstanden sein müssen.
Als Rechtsanwältin im Schulrecht vertrete ich Sie mit viel Erfahrung und Engagement in Schulplatzklagen bei allen Schulformen und Klassenstufen.
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