Die Haltung eines Pferdes ist nicht nur teuer, sondern beansprucht auch viel Zeit. Eine Reitbeteiligung scheint hier die optimale Lösung zu sein. Doch was passiert, wenn der Reitbeteiligung ein Schaden entsteht? Bei der Vereinbarung der Reitbeteiligung bleiben häufig Fragen der Haftung und Versicherung ungeklärt, denn oftmals sind sich Pferdehalter und Reitbeteiligung der haftungsrechtlichen Konsequenzen nicht bewusst.
Was ist eine Reitbeteiligung?
Bei einer Reitbeteiligung hat neben dem Pferdehalter eine weitere Person meist gegen Bezahlung und/oder Sachleistung (Füttern, Misten etc.) ein (Mit-)Nutzungsrecht an dem Pferd. Bei der Vereinbarung einer Reitbeteiligung handelt es sich um einen Vertrag, der inhaltlich frei gestaltet und sowohl mündlich als auch schriftlich vereinbart werden kann. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, den Vertrag schriftlich abzuschließen, um, falls notwendig, die Konditionen der Reitbeteiligung nachweisen zu können.
Rechtsposition des Pferdehalters
Der Pferdehalter ist Tierhalter im Sinne des § 833 1 BGB. Tierhalter ist, wer über die Bestimmungsmacht über das Tier verfügt, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko des Verlustes des Tieres trägt (LG Hanau, Urteil vom 16. 1. 2003, NJW-RR 03, 457). Der Tierhalter haftet verschuldensunabhängig für die durch das Tier verursachten Schäden. Der Grund für die Tierhalterhaftung ist die typische Tiergefahr. Darunter versteht man das unberechenbare oder aber auch instinktgemäße selbstständige Verhalten des Tieres und die daraus resultierende Gefährdung von Rechtsgütern Dritter (BGH, Urteil vom 25.03.2014, NJW 2014, 2434).
Ausschluss der Haftung des Pferdehalters
Die Haftung des Pferdehalters kann unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen sein.
Die Haftung kann entfallen, wenn der Reiter auf eigene Gefahr handelt und damit eine freiwillige Risikoübernahme vorliegt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich die Reitbeteiligung bewusst einer besonderen Gefahr ausgesetzt hat, die über die normalerweise mit dem Reiten verbundene Gefahr hinausgeht, etwa, wenn das Pferd erkennbar böser Natur ist, erst zugeritten werden muss oder das Reiten eine spezielle Gefahr mit sich bringt, wie beispielsweise das Springen oder die Fuchsjagd (BGH, Urteil vom 20.12.2005, NJW-RR 2006, 813; BGH, Urteil vom 30.04.2013, BeckRS 2013, 9464; OLG Hamm, Urteil vom 20.09.2000, NJW-RR 2001, 390).
Die Haftung kann auch entfallen, wenn ausdrücklich ein Ausschluss der Haftung vereinbart wird.
Der Haftungsausschluss kann sich außerdem aus einer konkludenten, also aus den Umständen ergebenden Vereinbarung ergeben. Davon kann wegen der weitreichenden Konsequenzen jedoch nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden (OLG Nürnberg, Urteil vom 29.03.2017, NJW-RR 2017, 1173).
Erfolgt zum Beispiel die Vereinbarung einer Reitbeteiligung gefälligkeitshalber, kann sich daraus ein konkludenter Haftungsausschluss ergeben. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Überlassung des Pferdes derart im besonderen Interesse der Reitbeteiligung liegt, dass diese bei ausdrücklichem Antragen eines Haftungsausschlusses des Tierhalters diesen billigerweise angenommen hätte (BGH, Urteil vom 09.06.1992, NJW 1992, 2474; OLG Schleswig, Urteil vom 29.02.2012, BeckRS 2013, 2597). Das Oberlandesgericht Nürnberg bejahte dies beispielsweise bei einer langjährigen Reitbeteiligung mit Zahlungsverpflichtung von nicht erheblicher Bedeutung (OLG Nürnberg, Urteil vom 27.06. 2011, BeckRS 2011, 19752).
Rechtsposition der Reitbeteiligung
Die Rechtsposition der Reitbeteiligung definiert sich über die Umstände des Einzelfalls. Kriterien können dabei der Bestimmungsumfang über das Pferd oder die Kostentragung sein. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls ist die Reitbeteiligung dann als Tieraufseher gemäß § 834 1 BGB oder als Mithalter neben dem Pferdehalter gemäß § 833 1 BGB anzusehen.
Der Eigenschaden der Reitbeteiligung als Tieraufseher
Tieraufseher ist, wer die Aufsichtsführung über ein Tier durch Vertrag übernimmt. Als Tieraufseher ist die Reitbeteiligung gemäß § 834 1 BGB für den aus der Tiergefahr des Pferdes resultierenden Schaden gegenüber Dritten verantwortlich. So muss die Reitbeteiligung im Schadensfall, soweit sie die Obhut über das Tier übernommen hat, die Vermutung gegen sich gelten lassen, dass sie ein Verschulden trifft und dieses für den Schaden ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 09.06.1992, NJW 1992, 2474; BGH, Urteil vom 22.12.1992, NJW 1993, 2611). Die Reitbeteiligung haftet gemäß § 834 2 BGB nicht, wenn sie die Begehung der Sorgfaltspflichtverletzung widerlegen kann oder der Schaden auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entstanden wäre. Ist bei einem Eigenschaden der Unfallablauf unaufklärbar, wird ein Mitverschulden des Tieraufsehers gemäß § 834 1 BGB in Verbindung mit § 254 I BGB vermutet. Dieses Mitverschulden wirkt sich anspruchsmindernd auf den vom Tierhalter zu zahlenden Schadensersatz aus (BGH, Urteil vom 09.06.1992, NJW 1992, 2474).
Aber was passiert denn nun, wenn der Reitbeteiligung selbst im Rahmen der Nutzung des Pferdes ein Schaden entsteht? Wie oben dargelegt, haftet - soweit kein Haftungsausschlussgrund vorliegt - der Pferdehalter für die durch das Pferd verursachten Schäden. Als Pferdehalter empfiehlt es sich deshalb, eine Pferdehaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein nicht gewerblich tätiger Tieraufseher ist hier grundsätzlich mitversichert. Doch hier besteht großes Irrtumspotential: Eine Pferdehaftpflichtversicherung schützt nur vor Schäden, die einem Dritten durch das Pferd entstehen (Fremdschaden). Ansprüche zwischen mitversicherten Personen desselben Vertrags (Tierhalter und Reitbeteiligung) sind meist ausgeschlossen. Empfehlenswert ist es deshalb, mit der Versicherung ausdrücklich einen Einschluss der Schäden an der Reitbeteiligung zu vereinbaren. Einige Versicherungen bieten das an. Ansonsten kann es sein, dass der Tieraufseher zwar einen Anspruch gegen den Tierhalter hat, ein Schaden des Tieraufsehers wie eben dargestellt aber nicht versichert ist und der Tierhalter u. U. für den Schaden nicht aufkommen kann. Der Tieraufseher bleibt dann mit dem Schaden zurück. Schutz für den Tieraufseher bietet auch eine private Unfallversicherung, die das Risiko des Reitens einschließt und so eigene Folgeschäden abdeckt.
Der Eigenschaden der Reitbeteiligung als Mithalter
Als Mithalter haftet die Reitbeteiligung neben dem Tierhalter gemäß § 833 1 BGB. Eine Mithalterschaft ist zum Beispiel anzunehmen, wenn die Reitbeteiligung sich faktisch wie ein Tierhalter in bestimmten Zeiträumen um das Tier selbständig kümmert und es nach Belieben reiten kann (OLG Nürnberg, Urteil vom 27.06. 2011, BeckRS 2011, 19752).
Als Mithalter haftet die Reitbeteiligung neben dem Tierhalter für Schäden gegenüber Dritten, die durch das Pferd entstanden sind. Mit dem Abschluss einer Pferdehaftpflichtversicherung durch den Tierhalter ist der Mithalter selbst aber auch hier nicht ausreichend geschützt. Die Pferdehaftpflichtversicherung deckt schließlich nur die Fälle eines Fremdschadens ab. Kommt der Mithalter zu Schaden, liegt aber ein Schaden in eigener Sache vor (Eigenschaden). Deshalb ist es auch hier empfehlenswert, die Tierhaftpflichtversicherung um den Eigenschaden der Reitbeteiligung zu erweitern und über den Abschluss einer privaten Unfallversicherung, die das Risiko des Reitens einschließt, nachzudenken.
Fazit
Für eine Reitbeteiligung bestehen große Schadens- und Haftungsrisiken – aber nur, wenn diese nicht richtig versichert sind. Der Abschluss einer Pferdehaftpflichtversicherung unter Einschluss der Eigenschäden der Reitbeteiligung und eine private Unfallversicherung, die das Risiko Reiten einschließt, können dabei hilfreich sein. Wichtig ist, dass Tierhalter und Reitbeteiligung sich über die haftungsrechtlichen Risiken im Klaren sind und eine gemeinsame Lösung finden, mit der sich Pferdehalter und Reitbeteiligung ausreichend geschützt fühlen.
Der Beitrag enstand unter Mitwirkung von Frau stud. iur. Fiona Fanslau.
Als Rechtsanwältin im Pferderecht vertritt Dr. Hella Fischer Pferdehalter, Reiter, Einsteller oder Reitstallbetreiber, u.a. mit besonderem Fokus auf das Pferdekaufrecht.
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